Hintergrund
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Was war der Anlass für Dich, „NUR DAS BESTE“ zu schreiben?

Bis 2018 lebte ich mit meiner Familie in einem sehr stark von der Gentrifizierung betroffenen Kiez in Berlin, dem Wrangel-Kiez. Das migrantisch geprägte Viertel wurde zunehmend beliebt bei Akademiker_innen, Touris und auch für Investment-Firmen. Die Mieten wuchsen unaufhörlich. Vor unserer Haustür mussten der familiengeführte Gemüseladen Bizim Bakkal und zahlreiche andere Läden schließen. Zwangsräumungen waren an der Tagesordnung (und sind momentan aufgrund der Corona-Pandemie nur ausgesetzt). Irgendwann waren auch wir nach einem Streit mit unseren Vermietern betroffen und konnten gehen. Wenn man als nicht gerade begüterter Künstler die ganze Leier mit einem Gerichtsprozess usw. einmal hinter sich hat, kommt man schnell zu der Einschätzung, dass Eigentumsrechte über denen von Menschen (mit Kindern) stehen. Dass alle wohnen müssen, wissen wir abstrakt ja alle; die Datenlage des Wohnungsmarktes erklärt den Rest: Es gibt nicht genug Wohnraum, der für alle erschwinglich wäre. Dabei ist nicht mal der Raum das Problem, wie uns die Eigentümer_innen gerne sagen wollen (sie schielen auf Vergünstigungen für Neuinvestitionen), sondern das mit dem erschwinglich.

Du hast uns „NUR DAS BESTE“ vorgeschlagen, weil Du der Meinung bist, dass Dein Stück gut nach Freiburg passt. Wie kamst Du darauf? 

Dass es in Freiburg ebenfalls einen hart umkämpften Wohnungsmarkt gibt, wusste ich schon 2014, als mein Stück SEATTLE hier von Jan Gehler uraufgeführt wurde. Erneut darauf gekommen bin ich, weil mir Freunde berichteten, dass das Mietshäuser Syndikat in Freiburg im großen Stil Wohnraum entprivatisiere, also dem Markt und seiner „Logik“ entziehe. Ich verfolge diese Formen der Sozialisierung recht aufmerksam, weil ich der Meinung bin, dass sie innerhalb des Kapitalismus zumindest dafür sorgen könnten, das zum Leben Notwendige der Willkür zu entziehen und dem Miteinander zu zu führen.

Was bedeutet der Titel: „Nur das Beste“?

Man wünscht sich ja oft nur das Beste; in meinem Stück fällt der Ausdruck oft in Verbindung mit Kindern, die die beste Bildung oder Ausbildung erhalten sollten, viel Kultur, die glücklichste Kindheit usw. Aber eigentlich wird dies immer zusammen gedacht mit dem Umstand, dass der Entwicklung der Kinder der Kontakt mit den Problemen dieser Welt im Weg stehen könnte. Etwa, wenn sie in migrantisch geprägten Klassen zur Schule gehen. Der Titel ist also a bisserl Spielerei mit dem Gegenteil und dem ehrlichen Wunsch, dass es für alle nur das Beste geben sollte.

Warum hast Du Dein Stück als „Posse“ bezeichnet?

Weil ich nicht anders konnte. Im Zentrum stehen mit Sanne und Ludi zwar Menschen, die aufgrund ihrer Wohnungsnot der Arsch auf Grundeis geht, aber sie finden immerhin Lösungen aufgrund von Sannes sozialen Kontakten. Es ist eben ihr soziales und kulturelles Kapital, die Fähigkeit, sich ohne das Stigma der Armut zu präsentieren, das sie den meisten anderen in Not geratenen Familien im realen Leben voraus hat. Dass Sanne durch Lügen bei der Wohnungssuche ihrer Familie hilft, hat mich ein bisschen an die Stücke von Nestroy erinnert, den ich sehr bewundere. Bei ihm ist ein wiederkehrendes Motiv, dass jemand sich in bessere Gesellschaft einschleicht. Und da steht auch oft Posse dran. Also: Posse, da kannst du nichts falsch machen.